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Für Mediziner

Urinmarker kann Hochdruck vorhersagen

Epidermaler Wachstumsfaktor ist mit Entwicklung einer Hypertonie assoziiert

Von älteren Menschen mit Begleiterkrankungen weiß man, dass Biomarker einer tubulären Nierenschädigung mit der Entwicklung einer Hypertonie assoziiert sind. Ob dies auch für jüngere herzgesunde Erwachsene zutrifft, untersuchten US-Kollegen.

Ein wichtiger Marker im Urin ist der epidermale Wachstumsfaktor (epidermal growth factor, EGF). Er liefert Hinweise auf die tubuläre Regenerationsfähigkeit und je höher seine Konzentration, umso besser steht es um die Gesundheit der Niere. Wie sich seine Konzentration auf die Entwicklung einer Hypertonie bei mittelalten kardiorenal gesunden Erwachsenen auswirkt, untersuchten Dr. Muhammad Khan von der University of Alabama, Birmingham, und Kollegen anhand der Daten von 1.170 Teilnehmern aus der CARDIA*-Studie. Sie waren durchschnittlich 45 Jahre alt und wiesen zu Beginn der Studie weder einen Bluthochdruck noch eine Herz-Kreislauf- oder Nierenerkrankung auf. Die EGF-Spiegel teilten die Forscher in drei Bereiche.

Nach einer medianen Beobachtungszeit von 9,9 Jahren entwickelten 376 der Studienteilnehmer eine Hypertonie, definiert durch Blutdruckwerte ≥ 130 mmHg systolisch oder ≥ 80 mmHg diastolisch oder beginnende Einnahme von Antihypertensiva. Nach Anpassung auf mehrere Variablen (u.a. Alter, Geschlecht, Kreatinin, Raucherstatus, Diabetes) war das Hypertonierisiko bei EGF-Werten im mittleren Drittel im Vergleich zum niedrigsten Drittel um 30 % (Hazard Ratio, HR 0,70) reduziert, bei Werten im höchsten EGF-Drittel um 42 % (HR 0,58).

Gleichzeitig wiesen die Probanden mit den höchsten EGF-Werten im Verlauf von zehn Jahren sowohl systolisch als auch diastolisch einen geringeren Druckanstieg auf als die Personen aus dem untersten Drittel (-3,4 mmHg systolisch, -2,6 mmHg diastolisch). Andere Urin-Biomarker wie a-1-Mikroglobulin, Monocyte chemoattractant protein-1 (MCP-1), Kidney injury molecule-1 (KIM-1) oder Interleukin-18 zeigten inkonsistente Assoziationen mit den Blutdruckwerten.

Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass die EGF-gesteuerten Reparaturmechanismen in den Nierentubuli eine Rolle bei der Entwicklung einer Hypertonie spielen. Möglicherweise bietet das einen Ansatzpunkt für neue Wege der Prävention, resümieren die Autoren.     

* Coronary Artery Risk Development in Young Adults

Khan MB et al, Hypertension 2023; 80: 1353-1362, doi 10.1161/HYPERTENSIONAHA.123.21084

Kurz kommentiert

Im klinischen Alltag steht man immer wieder vor dem Dilemma, den Patienten im Alter von 25–50 Jahren zu identifizieren, der einen hohen Blutdruck entwickelt und dann auch möglicherweise Endorganschäden bekommt. Dafür wäre es gut, einen Biomarker zu haben, der die kommende Zeit abbilden kann.

Die Niere spielt als stark blutdruckabhängiges Organ eine überaus relevante Rolle in der Entwicklung einer Hypertonie. In der vorliegenden Studie zeigte sich, dass hohe EGF-Werte im Urin auf ein geringeres Hypertonierisiko im Verlauf von zehn Jahren hinweisen. EGF ist ein guter Marker für die tubuläre Gesundheit. Derartige Biomarker können uns in Zukunft vielleicht helfen, schon früh „Mikro“-Schäden in der Niere zu identifizieren, die einer renalen Hypertonieentwicklung vorausgehen.

Ihr Prof. Dr. Markus van der Giet
Vorstandsvorsitzender Deutsche Hochdruckliga e.V.
Charité – Universitätsmedizin Berlin