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Für Mediziner

SGLT2-Inhibitoren halten Kalium im Zaum

Große Metaanalyse bestätigt Vorteil für Diabetespatienten

Patienten mit Typ-2-Diabetes erleiden weniger Hyperkaliämien, wenn sie einen SGLT2-Hemmer einnehmen. Diese Risikoreduktion ist auch für die begleitende antihypertensive Therapie relevant.

Hyperkäliämien können lebensbedrohliche Arrhythmien bedingen. Diverse Grunderkrankungen wie Typ-2-Diabetes oder chronische Niereninsuffizienz erhöhen das Risiko für die Elektrolytstörung, aber auch prognoserelevante Herz-Kreislauf-Medikamente wie ACE-Hemmer und Aldosteronantagonisten lassen den Kaliumspiegel mitunter steigen. Insbesondere eine fortgeschrittene Nierenerkrankung limitiert deren Einsatz bei Diabetespatienten. SGLT2-Hemmer ihrerseits könnten das Hyperkaliämierisiko reduzieren. Das legen kleinere Studien mit Typ-2-Diabetikern nahe.

Das Team um Dr. Brendon Neuen vom The George Institute for Global Health in Sydney untersuchte nun den Langzeiteffekt dieser Wirkstoffgruppe auf die Kaliumkonzentration. Für ihre Metaanalyse nutze es individuelle Patientendaten aus sechs großen placebokontrollierten Outcome-Studien mit den SGLT2-Hemmern Empagliflozin, Dapagliflozin, Canagliflozin und Ertugliflozin. Die Forscher konzentrierten sich auf die Studien, die Diabetespatienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko oder mit chronischer Nierenerkrankung eingeschlossen hatten. Als primären Endpunkt definierten sie im Zentrallabor erfasste schwere Hyperkaliämien mit einem Serumspiegel ≥ 6 mmol/l.

Von den insgesamt knapp 50.000 Teilnehmern entwickelten 1.754 eine schwere Hyperkaliämie. Zusätzlich gab es 1.119 Elektrolytentgleisungen, die von den jeweiligen Studienärzten erfasst worden waren. Beide Ereignisse traten unter SGLT2-Hemmern signifikant seltener auf (Hazard Ratio, HR 0,84 bzw.  0,80), Hypokaliämien häuften sich dagegen nicht (HR 1,04). Die Reduktion im primären Endpunkt zeigte sich konsistent über alle Studien hinweg, betonen Dr. Neuen und Kollegen.

Zudem verzeichnete man in zahlreichen Subgruppen eine niedrigere Hyperkaliämie-Inzidenz, wenn ein SGLT2-Inhibitor statt Placebo eingenommen wurde – darunter Patienten mit Niereninsuffizienz, Herzschwäche und RAAS*-Hemmer in der Medikation. Die Autoren gehen davon aus, dass diese Risikoreduktion im Alltag einen breiteren Einsatz von RAAS-Inhibitoren bei Typ-2-Diabetikern mit Herzinsuffizienz oder Nierenfunktionsstörung ermöglichen könnte.

* Renin-Angiotensin-Aldosteron-System

Quelle
Neuen B et al. Circulation. 2022; 145:1460–1470; doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.121.057736

Kurz kommentiert
Eine Hyperkaliämie ist bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und/oder Nierenfunktionsstörungen im klinischen Alltag leider nicht selten. Gerade zur Behandlung eines Bluthochdrucks werden Medikamente eingesetzt, die das Hyperkaliämierisiko zusätzlich steigern, sodass diese manchmal gestoppt oder deutlich reduziert werden müssen. Dazu zählen ACE-Hemmer, Sartane und Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten, aber auch Betablocker.

Interessant ist in dem Zusammenhang, dass durch den Einsatz von SGLT2-Inhibitoren viel seltener eine Hyperkaliämie auftaucht. Somit ermöglicht diese Wirkstoffgruppe eine Therapie mit Medikamenten, die die Kaliumkonzentration erhöhen können, im umfangreicheren Niveau.

Ihr Prof. Prof. h.c. Dr. Markus van der Giet
Vorstandsvorsitzender Deutsche Hochdruckliga e.V.
Charité – Universitätsmedizin Berlin