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Für Mediziner

Herzrisiko sinkt nach renaler Denervierung

TTR in den ersten sechs Monaten ist wichtiger Indikator

Die renale Denervierung verhilft Patienten mit unkontrollierter Hypertonie zu einer signifikanten und klinisch relevanten Blutdruckreduktion. Die Intervention scheint langfristig auch vor kardiovaskulären Ereignissen zu schützen – sofern die Werte der Behandelten im Zielbereich bleiben.

Effektivität und Sicherheit der renalen Denervierung wurden in diversen randomisierten Studien bestätigt. Klinische Untersuchungen zum Einfluss der interventionell erzielten Blutdruckreduktion auf kardiovaskuläre Endpunkte gab es bislang allerdings nicht. Prof. Dr. Felix Mahfoud­ vom Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg, und Kollegen haben die Daten des Global SYMPLICITY Registers nun dahin gehend ausgewertet.

Das prospektive internationale Register begleitet Patienten mit unkontrollierter Hypertonie, die sich einer renalen Sympathikus-Ablation mittels Symplicity-Flex- oder Symplicity-Spiral-Katheter unterzogen hatten. Die aktuelle Analyse umfasst 3.077 Teilnehmer im mittleren Alter von 60,5 Jahren. Praxis- und ambulanter 24-Stunden-Blutdruck wurden 3, 6, 12, 24 und 36 Monate nach der Intervention gemessen. Die Autoren berechneten aus den Werten die Time in Therapeutic Range (TTR). Der Parameter spiegelt den Zeitanteil wider, in der sich der Blutdruck im Zielbereich befindet, und gilt bei Hypertoniepatienten als unabhängiger Prädiktor für kardiovaskuläre Ereignisse.

Zu Studienbeginn lagen Praxis- und ambulanter Blutdruck im Mittel bei 165,6 bzw. 154,3 mmHg systolisch. Drei Jahre nach der Denervierung zeigte sich eine nachhaltige Abnahme um 16,7 bzw. 9,0 mmHg. An der Menge der verordneten Antihypertensiva änderte sich während des Follow-ups nichts. Durchschnittlich nahm jeder Betroffene etwa fünf verschiedene Wirkstoffe ein.

Die mittlere TTR betrug innerhalb der ersten sechs Monaten 30,6 %. Von den Patienten, die es in diesem Zeitraum nie in den Zielbereich schafften (TTR = 0 %), erlitten 8,6 % im Verlauf ein schwerwiegendes kardiovaskuläres Ereignis (MACE). Erreichten die Teilnehmer eine TTR > 50 %, lag die MACE-Rate in den Monaten 6–36 bei 2,3 %. Rechnerich ergab sich pro 10%igem TTR-Anstieg im ersten Halbjahr eine signifikante Risikoreduktion von 15 % bis Studienende. Aufgeschlüsselt nach einzelnen Endpunkten bedeutete das 11 % weniger kardiovaskuläre Todesfälle, 15 % weniger Herzinfarkte und 23 % weniger Schlaganfälle.

Insgesamt nahm die TTR binnen drei Jahren sukzessive zu – von 28,2 % nach drei Monaten auf 34,9 % nach 36 Monaten. Den Autoren zufolge sprechen diese Ergebnisse dafür, dass die renale Denervierung bei unkontrollierter Hypertonie eine attraktive Ergänzung zur Pharmakotherapie darstellt.

Quelle
Mahfoud F et al. JACC 2022; 80: 1871–1880; doi: 10.1016/j.jacc.2022.08.802

Kurz kommentiert
Es handelt sich in der vorliegenden Arbeit um eine Registerstudie und keine randomisierte Untersuchung. Trotzdem sind die Erkenntnisse sehr interessant. Bei allen Patienten wurde eine Sympathikus-Ablation im Bereich der Nierenarterien durchgeführt. Eine längerfristige gute Blutdruckkontrolle hatte auch einen positiven Einfluss auf die Rate an kardiovaskulären Ereignissen, wobei eine frühe effektive Blutdruckreduktion sechs Monate nach der Intervention bereits relevant war.
Außerdem erreichten die Teilnehmer im Drei-Jahres-Verlauf zunehmend besser kontrollierte Blutdruckwerte. Ein Effekt, der auch in den Langzeitanalysen von SPYRAL HTN-ON MED und den Drei-Jahres-Daten der SYMPLICITY-HTN-3-Studie gezeigt werden konnte. Eine renale Denervierung kann also nachhaltige positive Effekte für die Patienten aufweisen.

Ihr Prof. Prof. h.c. Dr. Markus van der Giet
Vorstandsvorsitzender Deutsche Hochdruckliga e.V.
Charité – Universitätsmedizin Berlin