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Für Mediziner

Ambulantes Blutdruckmonitoring frühzeitig durchführen

Initiale Untersuchung prognostisch relevanter als Messungen im Verlauf

Bei einem Hypertonieverdacht sollte man so schnell wie möglich eine Langzeitblutdruckmessung veranlassen. Deren Ergebnis ist ein besserer Indikator für das Herz-Kreislauf-Risiko der Patienten als Kontrollen Jahre später, wie eine französische Studie erstmals zeigt.

Um das kardiovaskuläre Risiko von Hypertoniepatienten abzuschätzen, gilt die 24-Stunden-Blutdruckmessung als Goldstandard. Unklar war bislang allerdings, wie sich Veränderungen der entsprechenden Werte über die Jahre auf die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse auswirken. Um das herauszufinden, werteten Dr. Philippe Gosse und Kollegen vom Hôpital Saint-André in Bordeaux die Daten der Bordeaux-Hypertonie-Kohorte aus. Dabei handelt es sich um ein prospektives Register aller Patienten, die vor Start einer antihypertensiven Behandlung an das städtische Bluthochdruckzentrum überwiesen wurden.

Die Analyse umfasste 591 Patienten im Alter von durchschnittlich 54 Jahren, die zu Studienbeginn noch kein kardiovaskuläres Ereignis erlitten hatten. Das mittlere Follow-up betrug 10 Jahren. In dieser Zeit wurden mindestens zwei ambulante 24-h-Blutdruckmessungen durchgeführt. Die Forscher berücksichtigten die initiale Messung vor oder nach Beginn der antihypertensiven Therapie und die letzte vor einem etwaigen Herz-Kreislauf-Ereignis. Zwischen den beiden Untersuchungen lagen im Mittel sieben Jahre.

Anhand des ersten und letzten systolischen 24-h-Blutdrucks wurden vier Gruppen gebildet:

  • G0: initial und zuletzt < 130 mmHg
  • G1: initial  ≥ 130 mmHg, zuletzt < 130 mmHg
  • G2: initial  < 130 mmHg, zuletzt  ≥ 130 mmHg
  • G3: initial und zuletzt ≥ 130 mmHg

Insgesamt gab es 111 kardiovaskuläre Ereignisse. Unabhängig vom anfänglichen Therapiestatus sagten die ersten 24-h-Messungen diese Ereignisse besser voraus als die letzten. Patienten mit einem initialen Blutdruck < 130 mmHg (G0 und G2) wiesen ähnliche Überlebensraten auf. Eine schlechtere Prognose hatten diejenigen mit Werten ≥ 130 mmHg zu Beginn, wobei das kardiovaskuläre Risiko durch eine erfolgreiche Blutdruckeinstellung (G1) gegenüber anhaltend erhöhten Werten (G3) reduziert wurde.

Die initiale ambulante Langzeitmessung stellt offenbar eine gute Annäherung an die kumulative Blutdrucklast, die seit Beginn der (bis dahin unentdeckten) Hypertonie auf die Betroffenen eingewirkt hat, dar, vermuten die Autoren. Aufgrund ihrer Ergebnisse halten sie in der antihypertensiven Behandlung den Grundsatz „Je früher, desto besser“ für wichtiger als „Je niedriger, desto besser“. Denn die Gefahr für Herz und Gefäße nahm durch eine erfolgreiche Therapie (G1) zwar ab, ein residuelles Risiko blieb aber.

Quelle:
Gosse P et al. J Hum Hypertens 2022; 36: 517-523; doi: 10.1038/s41371-021-00538-z

Kurz kommentiert:
Die Langzeitblutdruckmessung ist nicht nur ein wichtiges Tool zur Identifikation eines hohen Blutdrucks. Mit ihrer Hilfe lässt sich auch die Wahrscheinlichkeit für zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse abschätzen. In der vorliegenden Arbeit zeigt sich eine hohe Relevanz für die erste durchgeführte 24-h-Blutdruckmessung, wenn es darum geht, eine Prognose für die Patienten abzugeben.

Ihr Prof. Prof. h.c. Dr. Markus van der Giet
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga e.V.
Charité – Universitätsmedizin Berlin