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Feinstaub: Blutdrucksenkung statt Fahrverbote?

Eine Posthoc-Analyse hat untersucht, wie sich die intensive versus einer Standardbehandlung erhöhter Blutdruckwerte in Abhängigkeit von der Feinstaubbelastung auswirkt.

referiert durch W. Zidek, Berlin

Die Belastung durch Feinstaub ist bekanntlich Gegenstand intensiver Untersuchungen und hat offenbar erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung. Die Schadstoffbelastung steigert speziell die Inzidenz kardiovaskulärer Erkrankungen. Es ist bekannt, dass die Feinstaubbelastung auch den Blutdruck steigert. Dies ist einer der möglichen Gründe für die erhöhte kardiovaskuläre Erkrankungsrate bei Feinstaubbelastung. Eine der zahlreichen Nachfolgeuntersuchungen der SPRINT-Studie hat in einer Posthoc-Analyse untersucht, wie sich die intensive versus einer Standardbehandlung erhöhter Blutdruckwerte in Abhängigkeit von der Feinstaubbelastung auswirkt. Der primäre Endpunkt der SPRINT-Studie war Herzinfarkt, akutes Koronarsyndrom, Schlaganfall, Herzinsuffizienz oder kardiovaskuläre Todesursache. Die Autoren haben die Feinstaubbelastung (Partikelgröße <2,5 µm) aufgrund von Vorhersage-Modellen bei 9.286 Studienteilnehmern geschätzt (mittleres Alter 68 ± 9 Jahre). Die Vorteile durch eine intensive Blutdrucksenkung (systolischer Blutdruck < 120 mm Hg) versus der Standardbehandlung (systolischer Blutdruck <140 mm Hg) waren bei einer Feinstaubbelastung über den US-amerikanischen Grenzwerten (12 µg/m3) signifikant stärker ausgeprägt (Hazard Ratio 0,47, 95% CI 0,29–0,74) als bei Teilnehmern in einer weniger belasteten Umgebung (Hazard Ratio 0,81, 95% CI 0,68–0,97, p für Interaktion=0,037, Abb.).

Abb. Kumulative Inzidenz des kombinierten primären Endpunkts der SPRINT-Studie in Abhängigkeit von der Intensität der Hypertoniebehandlung und der Feinstaubbelastung. Nach Daten von Al-Kindi et al.

Die Studienergebnisse sind insofern interessant, als sie zu weiteren Untersuchungen Anlass geben dürften. Da es sich um eine nicht präspezifizierte Posthoc-Analyse handelte, sind die Befunde allenfalls hypothesengenerierend. Auffällig ist auch, dass die intensive Hypertoniebehandlung in belasteter Umwelt zu besseren Ergebnissen führte als in sauberer Umgebung. Dies lässt vermuten, dass die Befunde auch durch andere Umweltfaktoren beeinflusst wurden. Wir können also wohl nicht die Hypertoniebehandlung als Ersatz für eine saubere Umwelt einsetzen.

The Benefits of Intensive Versus Standard Blood Pressure Treatment According to Fine Particulate Matter Air Pollution Exposure: A Post Hoc Analysis of SPRINT. Al-Kindi SG, Brook RD, Bhatt U, Brauer M, Cushman WC, Hanson HA, Kostis J, Lash JP, Paine R 3rd, Raphael KL, Rapp S, Tamariz L, Wright JT Jr, Rajagopalan S; SPRINT Research Group.Hypertension. 2021 Mar 3;77(3):813-822.