Ab sofort dürfen nicht nur Ärztinnen/Ärzte, sondern auch Apotheken Blutdruckmessungen anbieten und mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen, so das Ergebnis eines Schiedsspruchs zwischen der GKV und den Apotheken. „Wir werden mit Menschen mit Bluthochdruck eine standardisierte Risikoerfassung vornehmen“, erklärt die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ADBA), Gabriele Regina Overwiening, in einem Video-Statement [1]. Gemeint ist damit, dass Apothekenpersonal eine Blutdruckmessung sowie ein Risikoassessment vornehmen darf und dieses von den Kassen erstattet wird. Die ABDA hat für Apotheken Informationsmaterial erstellt, und zwar mit Unterstützung der AG Arterielle Hypertonie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Dort wird auch ausdrücklich auf die Verwendung eines von der Deutschen Hochdruckliga geprüften Messgeräts hingewiesen.
Die Deutsche Hochdruckliga begrüßt eine solche qualitätsgesicherte und abrechenbare Messung in Apotheken, kritisiert aber, dass nicht alle Erwachsene in regelmäßigen Abständen kostenfrei einen Blutdruckcheck in Apotheken erhalten können. Anspruchsberechtigt sind nur Versicherte mit Bluthochdruck und Verordnung mindestens eines Antihypertensivums [2].
„Im Sinne der Primärprävention hätten wir uns mehr gewünscht,“ erklärt Professor Dr. Ulrich Wenzel, Präsident der Deutschen Hochdruckliga. Der Experte führt aus, dass für Menschen mit diagnostiziertem Bluthochdruck die Selbstmessung der Goldstandard für das Therapiemonitoring ist und dass diese Patientengruppe ohnehin hausärztlich betreut wird, die Betroffenen müssten zur Rezeptierung ihrer Blutdrucksenker regelmäßig in die Hausarztpraxis kommen. Dass diese Patientinnen und Patienten nun auch die Möglichkeit haben, zwischendurch ihren Blutdruck in der Apotheke messen zu lassen, begrüßt die Hochdruckliga grundsätzlich, auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der SARS-CoV-2-Pandemie, in der es Phasen gab, wo Hausärztinnen und Hausärzte die Betreuung chronischer Patientinnen/Patienten auf ein Minimum reduzieren mussten. Die aus Sicht der Deutschen Hochdruckliga wesentliche Zielgruppe lässt der Schiedsspruch aber außer Acht.
Den dringenderen Bedarf, Menschen mit Bluthochdruck, die noch nichts von ihrer Erkrankung wissen, zu erkennen, deckt der Schiedsspruch nicht. „Die Blutdruckmessung in Apotheken bei allen Versicherten wäre eine große Chance gewesen, um die hohe Dunkelziffer von Bluthochdruck zu senken und damit auch die hohe Fallzahl von bluthochdruckbedingten Folgeerkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Nierenkrankheiten“, so der Experte.
Die Hochdruckliga sieht gerade hier die Apotheken als wichtige Partner in der Primärprävention und hätte sich gewünscht, dass diese die Kosten für Blutdruckmessungen nicht nur bei bereits diagnostizierten Erkrankten abrechnen dürfen, sondern vor allem bei allen anderen.
„In die Apotheke kommen auch Menschen, die nicht zum Arzt gehen. Wenn sie als kostenfreien Service eine Blutdruckmessung angeboten bekommen, machen viele davon Gebrauch. Auf diese Weise hätten viele Menschen mit bisher unentdecktem Bluthochdruck erkannt und behandelt werden können, die aller Voraussicht nach in zehn, zwanzig Jahren an einem schweren kardiovaskulären oder renalem Ereignis erkranken oder gar versterben. ABDA-Präsidentin Overwiening hat in ihrem Video erklärt, dass es Wunsch der Apothekenverbände war, die größten Defizite in der Patientenversorgung in drei Bereichen zu adressieren. Zu den drei Bereichen zählte, die Lücken bei der Vorsorge und Früherkennung von Volkskrankheiten zu schließen. Letzteres konnte im Bereich Bluthochdruck nun nicht erzielt werden. Wir halten daher den Schiedsspruch für einen Schritt in die richtige Richtung, aber aktuell noch für unzureichend“, so das Fazit von Prof. Wenzel.