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Neue Optionen bei Therapieresistenz // Interdisziplinäre Zertifizierung von Renalen Denervierungszentren in Deutschland angelaufen

Die Behandlung von Bluthochdruck schützt vor gefährlichen Folgeerkrankungen. Allerdings gelang es bisher bei einem Teil der Betroffenen nicht, den Blutdruck in den Zielbereich abzusenken. Nun gibt es gleich zwei neue Medikamente für den therapieresistenten Bluthochdruck und auch das Verfahren der renalen Denervation erlebt eine Renaissance.

Die Behandlung von Bluthochdruck schützt vor gefährlichen Folgeerkrankungen. Allerdings gelang es bisher bei einem Teil der Betroffenen nicht, den Blutdruck in den Zielbereich abzusenken. Nun gibt es gleich zwei neue Medikamente für den therapieresistenten Bluthochdruck und auch das Verfahren der renalen Denervation erlebt eine Renaissance. Mit einer gemeinsamen Zertifizierung wollen Deutsche Hochdruckliga, DGfN und DGK die Qualität bei der Durchführung dieses interventionellen Verfahrens sicherstellen. Ein Fazit vom Hypertonie Kongress lautet: „Wir können auch die therapieresistente Hypertonie immer besser behandeln – und müssen nicht mehr aus Mangel an Optionen zu hohe Werte tolerieren.“

Therapieresistenz gegenüber antihypertensiven Medikamenten ist kein seltenes Phänomen. Nur die Hälfte aller behandelten Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck erreicht Blutdruckwerte im Normalbereich. Allerdings ist nicht immer klar abzugrenzen, wann eine unzureichende Therapietreue zugrunde liegt und wann eine physiologische Therapieresistenz, also ein Nichtansprechen auf Blutdruckmedikamente trotz korrekter und regelmäßiger Einnahme.

Die europäische Leitlinie [1] empfiehlt ein stufenweises Vorgehen bei mangelndem Ansprechen auf die Therapie. Zunächst soll eine Zweifachkombination, bestehend aus ACE-Hemmer/AT1-Blocker und Kalziumkanalblocker oder Diuretikum, gegeben werden, vorzugsweise als Fixkombinationspräparat, also als „2 in 1“-Tablette. In der zweiten Eskalationsstufe soll auf ein „3 in 1“-Fixdosispräparat umgestellt werden. Diese Präparate kombinieren ACE-Hemmer/AT1-Blocker mit einem Kalziumkanalblocker und einem Diuretikum – ebenfalls in einer Tablette, um die Therapietreue nicht zu gefährden. Denn diese sinkt mit der Anzahl der einzunehmenden Tabletten, wie bereits viele Studien gezeigt haben. Schlägt auch die Dreifachkombination nicht in ausreichendem Maße an, spricht man von der resistenten Hypertonie. Liegt sie vor, wird die Dreifachkombination durch Spironolacton (25–50 mg/Tag) oder ein anderes Diuretikum oder durch einen Alpha- oder Betablocker ergänzt.

Eine neue – und gemäß vorläufigen Phase-II-Daten effektive – Alternative bei der resistenten Hypertonie ist der Einsatz des sogenannten Aldosteron-Synthase-Inhibitors Baxdrostat zusätzlich zur Dreifachkombination. Das Medikament unterbindet wie Spironolacton die Wirkung von Aldosteron, einem wichtigen Steroidhormon, das zur Blutdruckerhöhung beiträgt. Doch anders als Spironolacton ist es kein Antagonist, der Mineralokortikoidrezeptoren, die „Andockstellen“ von Aldosteron, besetzt und somit verhindert, dass es seine blutdrucksteigernde Wirkung entfalten kann, sondern Baxdrostat blockiert ein Enzym, das für die Aldosteron-Produktion erforderlich ist. Vorteil ist, dass weniger Nebenwirkungen auftreten als bei Spironolacton, darunter die für Männer belastende Gynäkomastie (Schwellung des Brustgewebes mit Brustspannung und Berührungsempfindlichkeit).

In dieser aktuellen, am 7. November 2022 im renommierten „The New England Journal of Medicine“ publizierten doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie [1] wurden 248 Menschen mit therapieresistenter Hypertonie, die trotz Dreifachkombination Werte von 130/80 mm Hg und höher aufwiesen, über zwölf Wochen entweder mit Baxdrostat einmal täglich (0,5 mg, 1 mg oder 2 mg) oder mit einem Placebo behandelt. Im Ergebnis zeigte sich eine dosisabhängige Wirkung des Medikaments. In der Gruppe, die 2 mg erhalten hatte, wurde ein Abfall des systolischen Blutdrucks um 20,3 mm Hg beobachtet, in der 1-mg-Gruppe um 17,5 mm Hg und in der 0,5-mg-Gruppe um 12,1 mm Hg. Auch in der Placebogruppe wurde ein Abfall von 9,4 mm Hg beobachtet – die Unterschiede zwischen den Behandlungsarmen waren aber signifikant und betrugen zwischen Placebo- und 2-mg-Verumgruppe –11 mm Hg (p < 0,001) und zwischen Placebo- und 1-mg-Verumgruppe –8,1 mm Hg (p = 0,003).

Eine weitere neue Therapiealternative ist der duale Endothelin-Antagonist Aprocitentan, der sich in einer ebenfalls Anfang November dieses Jahres [2] publizierten Studie (eine in „The Lancet“ publizierte Phase-III-Studie) als wirkungsvoll erwies. Die Studie im 1:1:1-Design untersuchte 12,5 mg Aprocitentan vs. 25 mg Aprocitentan vs. Placebo. Im Ergebnis konnte nach vierwöchiger Therapie eine Abnahme des systolischen Blutdrucks um 15,3 mm Hg in der 12,5-mg-Gruppe und um 15,2 mm Hg in der 25-mg-Gruppe erreicht werden – der Effekt war hier also nicht dosisabhängig. Ein interessanter Nebeneffekt ist eine antiproteinurische Wirkung, die Substanz könnte also einen nierenschützenden Zusatzeffekt haben.

Abgesehen von den neuen medikamentösen Therapiemöglichkeiten, hat auch die renale Denervation in diesem Jahr eine Renaissance erlebt. Dass die renale Denervierung eine effektive Zusatztherapie darstellen könnte, zeigte im Frühjahr 2022 die präspezifizierte Analyse der SPYRAL HTN-ON MED-Studie [3], die Wirkung und Sicherheit des Verfahrens evaluierte. Die renale Radiofrequenz-Denervierung resultierte in dieser Auswertung additiv zur antihypertensiven Medikation in einer statistisch signifikanten, anhaltenden Blutdrucksenkung. Das abschließende Follow-up der randomisierten  SYMPLICITY HTN-3-Studie [4], das Ende Oktober publiziert wurde, wies sogar einen signifikanten Effekt der Intervention nach: In der 24-Stunden-Blutdruckmessung zeigte sich in der Behandlungsgruppe ein Rückgang des systolischen Blutdrucks um 15,6 mm Hg, in der „Placebogruppe“ (die Studienteilnehmenden erhielten ein Scheinverfahren) ein Rückgang von 0,3 mm Hg (p ≤ 0,0001). „Die renale Denervation stellt somit eine mögliche Option bei therapieresistenter Hypertonie dar“, schlussfolgerte Prof. Dr. Ulrich Wenzel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga, auf dem Jahreskongress in Berlin.

Die Therapie erfordert eine korrekte Indikationsstellung und letztlich auch „handwerkliche“ Fertigkeiten der Behandlerinnen und Behandler. „Es ist daher von äußerster Wichtigkeit, die Therapiequalität sicherzustellen“, erklärte Prof. Wenzel weiter. Wie er ausführte, haben die Deutsche Hochdruckliga, die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) eine gemeinsame Zertifizierung für Renale Denervierungszentren in Deutschland aufgelegt. „Patientinnen und Patienten sollten sich daran orientieren, um sicherzugehen, dass sie eine Therapie auf höchstem Stand erhalten.“

Alles in allem blickt der Präsident der Deutschen Hochdruckliga zufrieden auf die letzten Monate zurück: „Das Jahr 2022 war ein gutes Jahr für die Bluthochdrucktherapie. Wir haben nun zwei neue medikamentöse Therapien zur Behandlung des therapieresistenten Bluthochdrucks und eine ebenfalls vielversprechende interventionelle Therapie an der Hand. Wir können die therapieresistente Hypertonie immer besser behandeln – mit diesen Optionen müssen wir bei niemandem mehr aus Mangel an Optionen zu hohe Werte tolerieren.“

Weitere Informationen zu Bluthochdruck unter https://www.hochdruckliga.de

[1] Freeman MW, Halvorsen YD, Marshall W, Pater M, Isaacsohn J, Pearce C, Murphy B, Alp N, Srivastava A, Bhatt DL, Brown MJ; BrigHTN Investigators. Phase 2 Trial of Baxdrostat for Treatment-Resistant Hypertension. N Engl J Med. 2022 Nov 7. doi: 10.1056/NEJMoa2213169. Epub ahead of print. PMID: 36342143.

[2] Schlaich MP, Bellet M, Weber MA, Danaietash P, Bakris GL, Flack JM, Dreier RF, Sassi-Sayadi M, Haskell LP, Narkiewicz K, Wang JG; PRECISION investigators. Dual endothelin antagonist aprocitentan for resistant hypertension (PRECISION): a multicentre, blinded, randomised, parallel-group, phase 3 trial. Lancet. 2022 Nov 4:S0140-6736(22)02034-7. doi: 10.1016/S0140-6736(22)02034-7. Epub ahead of print. PMID: 36356632.

[3] Mahfoud F, Kandzari DE, Kario K et al. Long-term efficacy and safety of renal denervation in the presence of antihypertensive drugs (SPYRAL HTN-ON MED): a randomised, sham-controlled trial. Lancet 2022. Published: April 04, 2022. doi: doi.org/10.1016/S0140-6736(22)00455-X

[4] Bhatt DL, Vaduganathan M, Kandzari DE, Leon MB, Rocha-Singh K, Townsend RR, Katzen BT, Oparil S, Brar S, DeBruin V, Fahy M, Bakris GL; SYMPLICITY HTN-3 Steering Committee Investigators. Long-term outcomes after catheter-based renal artery denervation for resistant hypertension: final follow-up of the randomised SYMPLICITY HTN-3 Trial. Lancet. 2022 Oct 22;400(10361):1405-1416. doi: 10.1016/S0140-6736(22)01787-1. Epub 2022 Sep 18. PMID: 36130612.

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