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Überstunden erhöhen das Bluthochdruckrisiko

Das Ergebnis einer neuen Studie [1] zeigt: Menschen, die mehr als 49 Stunden pro Woche arbeiten, sind gefährdeter, an Bluthochdruck zu erkranken. Zwar kann die Beobachtungsstudie „formal“ keine Ursache-Wirkung-Beziehung nachweisen, aber sie wurde sorgfältig durchgeführt und das Ergebnis sollte nach Ansicht der Deutschen Hochdruckliga nun prospektiv untersucht werden. Sie empfiehlt Menschen, die viel arbeiten (müssen), besonders darauf zu achten, die bereits bekannten Risikofaktoren für Bluthochdruck zu minimieren – Übergewicht, Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung – und in regelmäßigen Abständen ihre Blutdruckwerte überprüfen.

Überstunden treiben das Risiko für Bluthochdruck in die Höhe – so das Ergebnis einer kanadischen Auswertung von mehr als 3.500 Büroangestellten, die über fünf Jahre beobachtet wurden. Gerade das Risiko einer maskierten Hypertonie schien bei jenen, die viele Überstunden anhäuften, erhöht zu sein. Darunter versteht man, wenn beim Patienten normale Blutdruckwerte in der Arztpraxis gemessen werden, erhöhte Werte tagsüber am Arbeitsplatz oder in der Nacht vorliegen. Gerade diese Form des Bluthochdrucks ist besonders gefährlich, da sie häufig übersehen wird.

Stress gilt allgemeinhin als Risikofaktor für hohen Blutdruck und es gab bereits verschiedene Studien, die den Zusammenhang von Überstunden und Bluthochdruck untersuchten – doch die Ergebnisse waren sehr unterschiedlich. Eine Stärke der vorliegenden Untersuchung ist, dass sie nicht nur Einzelmessungen des Blutdrucks bei den Studienteilnehmern durchgeführt hatte, sondern auch Langzeitmessungen. „Die 24-Stunden-Blutdruckmessung ist deutlich aussagekräftiger als eine einzelne Blutdruckmessung beim Arzt, da sie auch eine maskierte Hypertonie erkennt, die sich in den meisten Fällen durch zu hohe Blutdruckwerte in der Nacht äußert“, erklärt Prof. Dr. med. Ulrich Wenzel, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie am UKE Hamburg und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga DHL®. „Die Deutsche Hochdruckliga spricht sich daher dafür aus, möglichst bei allen Patienten eine 24-Stunden-Blutdruckmessung durchzuführen, nur so kann die Diagnose Bluthochdruck sichergestellt oder ausgeschlossen werden, einzelne Praxismessungen können hingegen zu fehlerhaften Einschätzungen führen.“

In der vorliegenden Studie wurde die Rate der Studienteilnehmer mit durchweg erhöhten Blutdruckwerten (≥140/90 mm Hg in den Einzelmessungen und ≥135/85 mm Hg in den Langzeitmessungen) und jenen mit maskierter Hypertonie (<140/90 mm Hg in den Einzelmessungen und ≥135/85 mm Hg in den Langzeitmessungen) erhoben und in Relation zu den geleisteten Überstunden gesetzt. Im Ergebnis zeigte sich, dass Überstunden sowohl mit dem Risiko einer maskierten Hypertonie sowie einer anhaltenden Hypertonie assoziiert sind. Mehr als 49 Arbeitsstunden pro Woche (im Vergleich zu 35 Wochenstunden) erhöhten das Risiko einer maskierten Hypertonie um den Faktor 1,7 und das einer anhaltenden Hypertonie um den Faktor 1,6.

„Das sind interessante Daten“, erklärt Wenzel. „Denn in Studien, die vorher keinen Zusammenhang gezeigt haben, waren keine Langzeitblutdruckmessungen durchgeführt worden. Das legt nahe, dass in diesen Untersuchungen die maskierten Bluthochdruckfälle übersehen worden sind und unterstreicht erneut die Wichtigkeit dieser Untersuchungsform.“

Das eigentliche Studienergebnis möchte Wenzel noch vorsichtig interpretiert wissen. „Es handelt sich hier um Assoziationsdaten, nicht um eine randomisierte Studie. Zwar waren mögliche Einflussgrößen wie soziodemografische und Lifestyle-Merkmale herausgerechnet worden, aber diese Studienform kann keine klare Ursache-Wirkungskette belegen. Wir hoffen, dass nun randomisierte Studien zur Überprüfung folgen werden.“ Wie der Experte ausführte, war zwar nach Lebensalter, BMI, Nikotin- und Alkoholkonsum, Bildungsstand, Art der beruflichen Tätigkeit, körperliche Aktivität in der Freizeit sowie subjektive Arbeitsbelastung bzw. „Stress“ adjustiert worden, aus der Studie geht aber beispielsweise nicht hervor, wie die Ernährungsgewohnheiten der Teilnehmer waren, also ob sich die Gruppe mit den vielen Arbeitsstunden wegen Zeitmangels weniger gesund ernährte, z.B. mehr Fastfood zu sich nahm, das sehr salzhaltig ist. Auch fehlt eine Adjustierung im Hinblick auf die Schlafzeiten, denn auch Schlafmangel geht Beobachtungsstudien zufolge mit einem höheren Bluthochdruckrisiko einher.

Solange der direkte Einfluss von Überstunden auf den Blutdruck nicht nachgewiesen ist, sieht Wenzel größeres Präventionspotenzial darin, die bekannten und wissenschaftlich belegten Risikofaktoren anzugehen. „Fettleibigkeit ist ein gewichtiges Problem in unserer Gesellschaft, das die Blutdruckwerte hochtreibt. Wer sein Körpergewicht auf Normalwerte reduziert und es konstant hält, sich gesund und salzarm ernährt und dreimal pro Woche Sport treibt, hat immens viel für seine Gesundheit getan. Menschen, die über eine längere Zeit Überstunden leisten (müssen), sollten nach Ansicht des Experten diese Präventionsempfehlungen besonders beherzigen. „A und O ist die regelmäßige Kontrolle der Blutdruckwerte, um eine Bluthochdruckerkrankung frühzeitig erkennen und behandeln zu können.“

Für Menschen, die unsicher sind, wie hoch ihr persönliches Risiko für Bluthochdruck ist, bietet die Deutsche Hochdruckliga übrigens einen Online-Risikorechner an. Darin werden auch die Faktoren „Berufsstress“ und „Erschöpfung“ miteinbezogen.

Quelle

  1. Trudel X, Brisson C, Gilbert-Ouimet M et al. Long Working Hours and the Prevalence of Masked and Sustained Hypertension. Hypertension. 2020 Feb;75(2):532-538. doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.119.12926.

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