Junge Mütter mit bestehendem Bluthochdruck verdienen in der Praxis mehr Aufmerksamkeit. Sie haben ein doppelt so hohes Herz-Kreislauf-Risiko wie normotone Frauen nach der Geburt. Schwangerschaftskomplikationen verstärken die Gefahr auf lange Sicht noch.
Eine arterielle Hypertonie macht vor jungen Menschen nicht halt. Bei betroffenen Frauen geht sie mit einem erhöhten Risiko für Schwangerschaftskomplikationen einher. Wie sich die Kombination aus beidem auf das Langzeitrisiko für kardiovaskuläre Erkrankungen auswirkt, wurde bislang aber kaum untersucht. Das Team um Sukainah Al Khalaf, School of Public Health, University College Cork, sieht in dieser Wissenslücke eine verpasste Chance zur Prävention und rückt das Thema mit einer longitudinalen Kohortenstudie nun in den Fokus.
Die Forscher werteten anonymisierte elektronische Krankenakten aus, die in einer großen Datenbank (CALIBER) in England zusammenlaufen. Die analysierte Kohorte umfasste ungefähr 1,2 Millionen Frauen, die zwischen 1997 und 2016 mindestens ein Kind bekommen hatten. Bei 12.698 (0,71 %) der mehr als 1,7 Millionen Schwangerschaften war eine chronische Hypertonie dokumentiert. Diese war definiert als Erkrankungsbeginn vor der Schwangerschaft oder vor der 20. SSW.
Im Verlauf des medianen Follow-ups von 9,3 Jahren entwickelten 16.499 Patientinnen eine kardiovaskuläre Erkrankung (CVD). Dazu zählten zwölf letale oder nicht-letale Ereignisse, z.B. ischämischer Schlaganfall, KHK oder abdominelles Aortenaneurysma. Zwei Drittel dieser Ereignisse traten vor dem 41. Lebensjahr auf. Frauen mit einem chronischen Bluthochdruck hatten insgesamt ein doppelt so hohes CVD-Risiko wie diejenigen ohne Hypertonie – und zwar unabhängig von Störfaktoren wie Anzahl der Graviditäten oder kardiovaskuläre Erkrankungen in der Familie, betonen die Autoren.
Am stärksten ausgeprägt waren die Assoziationen, wenn sich während der Schwangerschaft Komplikationen wie Präeklampsie oder fetale Wachstumseinschränkungen eingestellt hatten. Verglichen mit normotensiven Teilnehmerinnen ohne solche Probleme lag die adjustierte Hazard Ratio (aHR) bei Bluthochdruckpatientinnen mit Komplikationen für alle zwölf kardiovaskulären Outcomes deutlich höher. Die aHR reichte von 2,66 für stabile Angina bis zu 9,65 für Herzinsuffizienz.
Auch ohne Schwangerschaftsprobleme waren Frauen mit Hypertonie in der Nachbeobachtungszeit stärker gefährdet. Ihre Risikospanne schwankte zwischen 1,26 für PAVK und 5,25 für subarachnoidale Blutungen. Traten während der Gravidität Komplikationen auf, ohne dass ein Bluthochdruck bestand, bewegte sich die aHR zwischen 1,33 für stabile Angina und 3,27 für intrazerebrale Hämorrhagie.
Um Patientinnen besser vor späteren Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu schützen, fordern die Autoren gezielte Screening- und Interventionsprogramme. Zudem könnte ein optimales Hypertoniemanagement während der Schwangerschaft das Risiko für unmittelbare Komplikationen senken und somit auch langfristig Ereignissen vorbeugen.
Quelle
Al Khalaf et al. Hypertension 2023; doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.122.20628
Kurz kommentiert
Diese Arbeit beschreibt ein Alltagsproblem, welches nur begrenzte Beachtung findet, aber mit dramatischen Langzeitkonsequenzen verbunden ist. Auch wenn junge Frauen insgesamt eher selten unter einem Bluthochdruck leiden, so gibt es immer wieder Schwangere mit bekannter Hypertonie. Leider fehlt nach der Entbindung oft die Zeit für sich selbst und die eigene Gesundheit. Der Fokus richtet sich auf den Nachwuchs, der viel Energie benötigt, und nicht auf den Hypertonus. Den englischen Registerdaten zufolge kann dies aber schwere Auswirkungen für die betroffenen Frauen haben. Es drohen vorzeitige kardiovaskuläre Ereignisse. Ein wichtiges Plädoyer dafür, Hochdruckerkrankungen auch nach der Schwangerschaft gut zu kontrollieren, um die Gesundheit der Frauen zu erhalten.
Ihr Prof. Prof. h.c. Dr. Markus van der Giet
Vorstandsvorsitzender Deutsche Hochdruckliga e.V.
Charité – Universitätsmedizin Berlin