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Für Mediziner

Hyperaldosteronismus ist schwer zu fassen

Bestätigungstests mangelt es an Qualität

Ohne Bestätigungstest keine Diagnose des primären Hyperaldosteronismus: So lautet die Empfehlung bei auffälligem Aldosteron-Renin-Quotienten. Doch die Tests scheinen im Alltag keine zuverlässigen Ergebnisse zu liefern, wie eine Metaanalyse verdeutlicht.

Der primäre Hyperaldosteronismus (PHA) ist die häufigste behandelbare Ursache einer Hypertonie. Aber weniger als 1 % der Betroffenen erhält die korrekte Diagnose und Therapie. Für die Sicherung eines PHA wird nach einem positiven Screening mindestens einer von vier Bestätigungstests empfohlen: Salzbelastung i.v. oder oral, Fludrocortisonsuppression oder Captoprilstimulation. Die Evidenz dafür war bisher recht ungewiss. Um mehr Klarheit zu gewinnen, haben Prof. Dr. Alexander Leung vom Department of Medicine der Universität Calgary und Kollegen ein systematisches Review mit Metaanalyse durchgeführt. Sie integrierten 55 Studien, die meisten zur intravenösen Salzbelastung (26 Studien mit insgesamt 3654 Patienten) und Captoprilstimulation (25 Studien, 2585 Patienten).

Mehr als 50 % aller Untersuchungen wiesen ein hohes Verzerrungsrisiko auf. Unter anderem hatte knapp die Hälfte ein Zwei- oder Multi-Gate-Design – ein Design, bei dem nicht alle Teilnehmer die gleichen Einschlusskriterien erfüllen. Oft gab es Unklarheiten bzgl. Stichproben- oder Fall-Kontroll-Auswahl. Dadurch erhielten z.B. Patienten einen Bestätigungstest, bei denen nie der Verdacht auf einen PHA bestand. Weniger als zwei Drittel der Studien waren prospektiver Natur und bei fast drei Viertel wurden die Tests post-hoc und unverblindet interpretiert.

Insgesamt fanden die Forscher große Unterschiede in der Durchführung, Interpretation und Verifizierung der Tests. Fall-Kontroll-Studien überschätzten im Vergleich zu solchen mit konsekutiv aufgenommen oder zufällig ausgewählten Patienten die Genauigkeit um das Siebenfache (relative diagnostische Odds Ratio, OR 7,26). Eine nur unvollständige Gegenprüfung oder uneinheitliche Referenzstandards führten zur 5-fachen Überschätzung (OR 5,12). In den meisten klinischen Situation hat dies zur Folge, dass viel mehr betroffene Patienten übersehen als überdiagnostiziert werden.

Die Empfehlungen für die PHA-Bestätigungstests beruhen somit auf sehr geringer Evidenz. Ihr routinemäßiger Einsatz sollte überdacht werden, fordern die Autoren. Als möglichen Verbesserungsansatz schlagen sie vor, den Aldosteron-Renin-Quotienten zusammen mit klinischen und biochemischen Markern zur Diagnose zu verwenden und früh eine empirische Therapie mit einem Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten einzuleiten.

Quellen

Leung AA et al. Hypertension 2022;79:1835–1844. doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.122.19377

Kurz kommentiert

Die Diagnostik des Hyperaldosteronismus beginnt in der Regel mit der Bestimmung des Aldosteron-Renin-Quotienten. Ist er deutlich erhöht, wird empfohlen, einen Bestätigungstest anzuschließen. In der vorliegenden Metaanalyse haben die Autoren sich mit der Sensitivität und Spezifität der unterschiedlichen Bestätigungstests (Salzbelastung oral oder intravenös, Fludrocortisonsuppression bzw. Captoprilstimulation) beschäftigt. Wenig überraschend zeigt sich, wie schlecht diese derzeit genutzten Tests sind. Eine Neubewertung im Rahmen von Studien scheint unerlässlich.

Ihr Prof. Prof. h.c. Dr. Markus van der Giet
Vorstandsmitglied Deutsche Hochdruckliga e.V.
Charité – Universitätsmedizin Berlin