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Für Mediziner

Wachsam bleiben nach Schwangerschaftshypertonie

Screening innerhalb der ersten drei Monate nach Schwangerschaftsende erlaubt frühe Intervention bei Chronifizierung des Hochdrucks

Frauen mit einer Schwangerschaftshypertonie in der Anamnese haben ein erhöhtes Risiko für einen chronischen Hochdruck und nachfolgende kardiovaskuläre Erkrankungen. Ein peripartales Monitoring hilft, gefährdete Patientinnen zu identifizieren.

Hypertensive Störungen in der Schwangerschaft (hypertensive disorders of pregnancy, HDP) gehen u.a. mit einer persistierenden linksventrikulären Dysfunktion einher. Derartige kardiale Veränderungen könnten die Prädisposition für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im späteren Leben erklären, schreiben Dr. Veronica Giorgione von der Fetal Medicine Unit am St George’s University Hospitals NHS Foundation Trust in London und Kollegen. Die chronische Hypertonie nach der Schwangerschaft fungiert dabei gewissermaßen als Mediator.

Um herauszufinden, wie aussagekräftig ein peripartales Screening bei Frauen mit HDP im Hinblick auf die Entwicklung einer chronischen Hypertonie ist, führten die Forscher eine prospektive Studie durch. Die Patientinnen erhielten peri- und postpartal eine transthorakale Echokardiografie und wurden für mindestens drei Monate nach der Geburt überwacht. Ein chronischer Bluthochdruck war definiert durch Werte ≥ 140/90 mmHg oder die Einnahme von Antihypertensiva. In die finale Analyse flossen die Daten von 211 Teilnehmerinnen ein.

Nach einem medianen postpartalen Beobachtungszeitraum von 124 Tagen wiesen 70 Frauen (33,2 %) eine chronische Hypertonie auf. Verglichen mit normotonen Frauen waren sie älter (35,5 vs. 32,9 Jahre), eher afrokaribischer Abstammung (27,1 vs. 7,8 %), hatten einen höheren BMI (33,4 vs. 31,2 kg/m²) sowie einen höheren mittleren arteriellen Druck (106,5 vs. 103,3 mmHg). Im Echo fielen bei ihnen ein signifikant größerer linksventrikulärer Massenindex, eine höhere relative Wanddicke und eine geringere globale longitudinale Spannung auf.

Die Forscher erstellten aus klinischen und echokardiographischen Daten ein Prädiktionsmodell, das Frauen mit chronischer Hypertonie nach HDP mit hervorragender Genauigkeit identifizieren konnte (area under the curve: 0,85). Sie schließen daraus, dass sich das peripartale Screening sehr gut eignet, um Risikopatientinnen zu entdecken, die von einem engmaschigen Monitoring und medikamentösen Interventionen profitieren könnten. Konkret schlagen sie vor, häufigere Blutdruckselbstmessungen zu empfehlen und ggf. ACE-Hemmer zu verschreiben, um das kardiale Remodeling zu bremsen.                                                                                                      

Quellen

Giorgione V et al. JACC 2022, 80(15): 1465–1476; doi.org/10.1016/j.jacc.2022.07.028

Kurz kommentiert

Frauen mit hypertensiven Störungen während der Gravidität haben auch nach den Schwangerschaften ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer Hypertonie. Außerdem weisen sie im weiteren Verlauf ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse auf – selbst wenn es durchaus 20 Jahre dauern kann, bis diese negativen Effekte zu beobachten sind.

In der vorliegenden Arbeit wird sehr elegant gezeigt, wie wichtig ein Screening ist, um Patientinnen zu identifizieren, die nach Hypertonieproblemen im Rahmen der Schwangerschaft einen chronischen Bluthochdruck entwickeln. Innerhalb der ersten drei Monate nach der Gravidität sollten Frauen mit Schwangerschaftshypertonie auf die Entwicklung eines längerfristig erhöhten Blutdrucks hin untersucht werden. So lassen sich diejenigen mit höherem Risiko frühzeitig entdecken und letztlich auch wenn nötig behandeln.

Ihr Prof. Dr. Markus van der Giet
Vorstandsmitglied Deutsche Hochdruckliga e.V.
Charité – Universitätsmedizin Berlin