Schwangere mit einer chronischen Hypertonie haben ein erhöhtes Risiko für maternale und perinatale Komplikationen. Eine optimale Blutdruckeinstellung kann das Risiko senken, die Medikation will aber gut gewählt sein.
In Ländern mit hohem Einkommen leiden 0,6–1,3 % aller werdenden Mütter an einer chronischen Hypertonie (CH). Darunter versteht man einen Bluthochdruck ≥ 140/90 mmHg, der bereits vor der Schwangerschaft bestand oder vor der 20. Schwangerschaftswoche diagnostiziert wurde. Eine entsprechende Therapie wird zwar empfohlen. Bisher war aber unklar, inwieweit sich die Medikamente tatsächlich auf hypertoniebedingte Schwangerschaftsrisiken auswirken.
Sukainah Al Khalaf von der School of Public Health am University College Cork und Kollegen haben anhand elektronischer Patientinnenakten aus den Jahren 1997 bis 2016 den Einfluss verschiedener Antihypertensiva auf Blutdruck und Komplikationen genauer untersucht. Die Auswertung umfasste 1.304.679 (schwangere) Frauen und 1.894.184 Geburten. Primäre Endpunkte waren Präeklampsie, Frühgeburtlichkeit und intrauterine Wachstumsrestriktion.
An einer chronischen Hypertonie litten 14.595 Schwangere, 6.786 von ihnen erhielten Antihypertensiva. In der gesamten Kohorte verzeichnete man 33.609 Präeklampsien (1,8 %) 76.518 vorzeitige Entbindungen (4 %) und 41.495 Geburten von Babys mit gestörtem Wachstum (2,2 %). CH-Patientinnen hatten gegenüber denjenigen ohne die Grunderkrankung generell ein größeres Risiko für Präeklampsie (adjustierte Odds ratio, aOR 5,74) Frühgeburten (aOR 2,53) und fetale Wachstumseinschränkungen (aOR 2,51).
War eine antihypertensive Therapie erforderlich, so traten die Komplikationen häufiger auf als bei unbehandelten Frauen mit CH (aOR 1,17, 1,25 und 1,80). Zu besseren Outcomes im Vergleich führte die medikamentöse Behandlung, wenn eine strengere Blutdruckkontrolle (< 135/85 mmHg) erreicht wurde.
Unter Methyldopa bestand gegenüber Betablockern eine größere Wahrscheinlichkeit für die Präeklampsie (aOR 1,43) und Frühgeburtlichkeit (aOR 1,59), aber eine geringere für fetale Wachstumsrestriktion (aOR 0,66). Zwischen Kalziumkanalblockern und Betablockern gab es keine wesentlichen Unterschiede außer im Hinblick auf Frühgeburten zu Ungunsten der Kalziumkanalblocker (aOR 1,94).
Die Autoren schlussfolgern, dass eine antihypertensive Therapie sowie ein gut kontrollierter Bluthochdruck Schwangerschaftskomplikationen verringern, aber nicht verhindern kann. Zudem scheinen sich Betablocker insgesamt besser auszuwirken als Methyldopa, nur nicht auf das Risiko für intrauterine Wachstumsrestriktionen.
Al Khalaf S et al. Hypertension 2022;79:1560–1570; doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.122.18920
Kurz kommentiert
Für Schwangere mit chronischer Hypertonie ist mittlerweile bekannt, dass eine gute Blutdruckkontrolle mit Zielwerten unter 135/85 mmHg Sinn ergibt. In der vorliegenden Registerarbeit konnte sehr elegant gezeigt werden, dass eine Einstellung auf Werte unter 135/85 mmHg sicher und wichtig ist, um negative Auswirkungen für Mutter und Kind zu reduzieren. Grundsätzlich erscheint aber auch die in den aktuellen Leitlinien geforderte frühe und gute Blutdruckkontrolle wichtig.
Leider bleibt unklar, welche genutzte Medikation Vor- und ggf. Nachteile hat. Interessant an der Studie war der Vergleich zwischen den einzelnen Präparaten: Offenbar schützen Betablocker besser vor einer Präeklampsie als Methyldopa.
Ihr Prof. Prof. h.c. Dr. Markus van der Giet
Vorstandsmitglied Deutsche Hochdruckliga e.V.
Charité – Universitätsmedizin Berlin