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Neue Nationale VersorgungsLeitlinie empfiehlt Blutdruckwerte unter 140/90 mmHg. Zu Hause gilt aber: jeweils minus 5 mmHg!

Die Tatsache, dass es nun erstmals eine Nationale VersorgungsLeitlinie Hypertonie (=Bluthochdruck) gibt, zeigt, dass es sich um eine Krankheit von großem gesellschaftlichem Ausmaß handelt. Viele Menschen sind betroffen, viele erleiden Folgeschäden trotz guter Therapiemöglichkeiten. Als Behandlungsziel gibt die Leitlinie 140/90 mmHg an und weicht damit nur geringfügig von der aktuellen europäischen Leitlinie ab. Neu in der NVL ist der Hinweis auf Einbeziehung der Betroffenen bei Therapieentscheidungen, die Leitlinie hält dafür spezielles Patientenmaterial vor. Wichtig ist jedoch: Die Zielwerte beziehen sich auf die Praxismessung. Bei Messungen zu Hause gilt unter 135/85 mmHg als Maximalwert.

Nationale VersorgungsLeitlinien (NVL) sind Leitlinien, an denen viele verschiedene medizinische Fachgesellschaften arbeiten, um den aktuellen Wissensstand zusammenzutragen, und die sich durch einen hohen Grad an sog. Evidenz auszeichnen. Das bedeutet, dass geprüfte Studienergebnisse mit „harten" Fakten die in den Leitlinien gegebenen Empfehlungen stützen. An der NVL Hypertonie (=Bluthochdruck), die am Donnerstag erschienen ist [1], hat die Deutsche Hochdruckliga intensiv mitgearbeitet und freut sich nun, dass eine praxistaugliche und patientennahe Leitlinie entstanden ist. Insgesamt waren 21 Fachgesellschaften und Organisationen an der Erstellung der Leitlinie beteiligt.

„Bluthochdruck ist noch immer ein stark unterschätztes Gesundheitsproblem. Allein die Tatsache, dass viele medizinische Fachgesellschaften, also Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen, eine NVL auf die Beine gestellt haben, zeigt, wie ernst die Erkrankung ist und wie viele medizinische Disziplinen Patientinnen und Patienten mit Folgen von Bluthochdruck versorgen. Es handelt sich um eine Erkrankung, die unser Gesundheitssystem massiv belastet, andererseits aber gut zu vermeiden, erkennen und behandeln ist, wenn sie von Anfang an ernst genommen würde. Die Tatsache, dass es nun eine NVL dazu gibt, schafft mehr Bewusstsein für Bluthochdruck, was dringend notwendig ist“, freut sich Prof. Markus van der Giet, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga.

Erst wenige Tage zuvor hatte auch die europäische Fachgesellschaft für Hypertonie (ESH) ihre Bluthochdruck-Leitlinie herausgegeben. Beide sind in den Empfehlungen weitgehen deckungsgleich. Lediglich der Zielwert für den unteren Blutdruckwert (=diastolischen Wert) ist in der europäischen Leitlinie etwas geringer. Sie empfiehlt, Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck auf Werte unter 140/80 mmHg einzustellen, die deutsche NVL auf Werte unter 140/90 mmHg. Der Bluthochdruckexperte Prof. Dr. Oliver Vonend, ebenfalls Mitglied im Vorstand der Deutschen Hochdruckliga, hält diesen Unterschied für wenig praxisrelevant – das Entscheidende für die Senkung des Risikos für Herz- und Gefäßerkrankungen infolge von Bluthochdruck sei der obere (systolische) Wert.

Ohnehin handle es sich bei beiden Leitlinien um einen anzustrebenden Höchstwert, der bei Patientinnen und Patienten – je nach Alter, Vorerkrankung und Verträglichkeit der blutdrucksenkenden Medikamente – nach Möglichkeit unterschritten werden sollte. „Ein Spitzenläufer trainiert ja auch nicht auf die Zeit, die ihm die Teilnahme an den Olympischen Spielen ermöglicht, sondern verfolgt die persönliche Bestzeit. Genauso sollten es Menschen mit Bluthochdruck machen: Der Zielwert in den Leitlinien gibt nur den oberen Rahmen vor, der jede Patientin/jeden Patienten anspornen sollte, möglichst weit darunter zu kommen“, erklärt Prof. van der Giet. Allerdings gebe es – anders als beim Sport – auch ein unteres Limit. Beide Leitlinien definieren klar, dass der Blutdruck nicht unter 120/70 mmHg abgesenkt werden soll.

Doch, wie der Experte betont, gibt es eine weitere Parallele: Ähnlich wie im Sport Athlet und Trainer zusammenarbeiten, müssen bei der Bluthochdrucktherapie auch Patientin/Patient und Ärztin/Arzt ein Team bilden. Die NVL betont den „Korpsgeist“ und die Einbindung der Betroffene in die Therapieentscheidungen. Letztlich solle auch die Definition der persönlichen Blutdruckwerte gemeinsam erfolgen, was die Deutsche Hochdruckliga begrüßt. „Die Einbindung der Patientinnen und Patienten in diesen Prozess ist entscheidend für die spätere Therapietreue“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Prof. van der Giet. Das Besondere an der NVL: Sie enthält sog. Patientenblätter, also Material für Betroffene, um sich über verschiedene Aspekte von Bluthochdruck zu informieren.

Wer nun zu Hause den Blutdruck misst und denkt „140/90 (oder auch 80) mmHg – schön, da liege ich mit meinen Werten ja etwas darunter!“, muss beachten: Die in Leitlinien angegebenen Werte beziehen sich immer auf die Messung in der Arztpraxis. Wer zu Hause misst, muss von beiden Werten, dem oberen und den unteren, jeweils 5 mmHg abziehen. Wie Prof. van der Giet ausführt, ist der Blutdruck in der Arztpraxis durchschnittlich höher, da Aufregung und Anspannung hinzukommen, deshalb müsse man bei der Messung zu Hause die Zielwerte entsprechend korrigieren. „Wer selbst zu Hause misst, sollte also unter 135/85 mmHg liegen, während bei der Messung in der Arztpraxis Werte unter 140/90 mmHg ok sind!“

[1] Nationale VersorgungsLeitlinie Hypertonie (2023). Abrufbar unter https://www.leitlinien.de/themen/hypertonie

[2] 2023 ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Hypertension Endorsed by the European Renal Association (ERA) and the International Society of Hypertension (ISH). J Hypertens. 2023 Jun 21. doi: 10.1097/HJH.0000000000003480. Epub ahead of print. PMID: 37345492.

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