Aktuelles

Für Mediziner

Bedeutung von α2A-Adrenozeptoren bei der Entstehung von Bluthochdruck und hypertensivem Nierenschaden

Diese Studie zeigt die schützende Rolle von präjunktionalen α2A-Adrenozeptoren bei der Entstehung von Hypertonie und hypertensiven Nierenerkrankungen auf.

referiert von PD Dr. med Johannes Stegbauer, Düsseldorf

Hypertonie ist einer der Hauptrisikofaktoren für chronische Nierenerkrankungen (CKD) und die zweithäufigste Ursache für die Entstehung einer dialysepflichtigen Nierenerkrankung. Eine gesteigerte Aktivität des sympathischen Nervensystems trägt zur Entwicklung und Aufrechterhaltung von Hypertonie und CKD bei. Patienten/Patientinnen mit Bluthochdruck haben im Vergleich zu normotensiven Probanden eine erhöhte Sympathikusaktivität. Daher ist eine blutdrucksenkende Therapie, welche die Sympathikusaktivität reduziert, insbesondere bei Patienten mit behandlungsresistenter Hypertonie wirksam.

Die Niere ist engmaschig von sympathischen Nervenfasern innerviert, wodurch die sympathische Neurotransmitterfreisetzung in der Niere bei Bluthochdruck erhöht ist. Die sympathische Noradrenalinfreisetzung wird jedoch nicht nur durch die Sympathikusaktivität bestimmt, sondern auch durch präjunktionelle α2-Adrenozeptoren, die sich am Neuroeffektorübergang sympathisch innervierter Organe befinden. Diese α2-Adrenozeptoren dienen als Autorezeptoren, die bei Aktivierung durch endogen-freigesetztes Noradrenalin die weitere Freisetzung von Noradrenalin hemmen. Folgerichtig erhöht die Deletion oder pharmakologische Blockade von α2-Adrenozeptoren die sympathische Noradrenalinfreisetzung. Es gibt drei verschiedene α2-Adrenozeptor-Subtypen: α2A, α2B und α2C.

Kürzlich haben wir sowie andere Arbeitsgruppen gezeigt, dass bei der Regulation von sympathischer Neurotransmitterfreisetzung im Herzen und in der Niere der α2A-Adrenozeptor-Subtyp vorherrschenden ist. Anhand dieser Beobachtung untersuchten wir die Rolle von α2A-Adrenozeptoren in der Niere bei der Entstehung von Hypertonie und hypertensiver Nierenerkrankung, sowie die zugrundeliegenden Mechanismen. Hierzu verwendeten wir Mäuse, bei denen der α2A-Adrenozeptor (α2A-AR-KO) fehlt, und verglichen diese mit Kontroll-Mäusen. Um einen Bluthochdruck und einen hypertensiven Nierenschaden zu induzieren, wurden die Mäuse uninephrektomiert und anschließend für vier Wochen mit Angiotensin II (1000ng/kg/min) behandelt. Während des Versuches analysierten wir die Noradrenalinfreisetzung aus der Niere und maßen den Blutdruck telemetrisch. Am Ende des Versuches wurde die Natriumausscheidung und der Nierenschaden quantifiziert.

Unter normotonen Bedingungen gab es keine Unterschiede in der Noradrenalinfreisetzung und dem Blutdruck zwischen α2A-AR-KO- und Kontroll-Mäusen. Dies änderte sich während der chronischen Angiotensin-II-Behandlung. Unter dieser Behandlung nahm die Noradrenalinfreisetzung zu und die Mäuse entwickelten eine Hypertonie. Diese war bei den α2A-AR-KO etwa doppelt so hoch wie bei den Kontroll-Mäusen. Dementsprechend war der systolische und diastolische Blutdruck bei den α2A-AR-KO zwischen 20-40 mm Hg höher als bei den Kontroll-Tieren.

Aus dieser Beobachtung lässt sich schließen, dass unter hypertensiven Bedingungen die sympathische Noradrenalinfreisetzung durch α2A-Adrenozeptoren reguliert wird. Das Fehlen dieser Rezeptoren verursacht eine erhöhte Noradrenalinfreisetzung in der Niere, was zu noch höheren Blutdruckwerten unter Angiotensin-II-Behandlung führte.

Neben den höheren Blutdruckwerten war in α2A-AR-KO-Mäusen auch der hypertensive Nierenschaden, der durch einen verstärkten glomerulären und tubulären Schaden charakterisiert ist, größer als in Kontroll-Mäusen. Um den zugrundeliegenden Mechanismus zu untersuchen, haben wir in isoliert perfundierten Nieren zeigen können, dass die Vasokonstriktion – ausgelöst durch eine elektrische Nierennervenstimulation bei gleichzeitiger Gabe von Angiotensin II – in den α2A-AR-KO-Mäusen signifikant stärker war als bei den Kontroll-Mäusen. Zusätzlich war in den hypertensiven α2A-AR-KO-Mäusen die Natriumausscheidung signifikant geringer verglichen mit entsprechenden Kontroll-Mäusen.

Für die geringere Natriumausscheidung ist am ehesten eine erhöhte Aktivierung des epithelialen Natrium Kanals (ENaC) im distalen Tubulus verantwortlich. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Noradrenalin ENaC aktiviert. So scheint eine erhöhte sympathische Freisetzung von Noradrenalin in Nieren von α2A-AR-KO-Mäusen sowohl die Vasokonstriktion als auch die Natriumrückresorption durch Aktivierung von Natriumtransportern zu verstärken, und somit das Ausmaß einer Hypertonie zu erhöhen (Abbildung 1). Um diese Vermutung zu bestätigen, haben wir eine renale Nierennervenablation an den α2A-AR-KO Mäusen durchgeführt.

Nach renaler Denervation war der Bluthochdruck, ausgelöst durch eine chronische Angiotensin-II-Behandlung in α2A-AR-KO-Mäusen signifikant niedriger als in den nicht denervierten α2A-AR-KO-Mäusen. Diese Ergebnisse zeigen die schützende Rolle von präjunktionalen α2A-Adrenozeptoren bei der Entstehung von Hypertonie und hypertensiven Nierenerkrankungen auf. Des Weiteren gibt die Studie neue Hinweise, wie eine erhöhte Freisetzung von Noradrenalin in der Niere zu Hypertonie führt, und unterstützt das Konzept der sympatholytischen Therapie zur Behandlung von Hypertonie.

Abb. Bedeutung der sympathischen Noradrenalinfreisetzung, reguliert durch α2A-Adrenozeptoren bei der Entstehung von Hypertonie. A: Präjunktionale α2A-Adrenozeptoren regulieren durch einen negativen Feedbackmechanismus die sympathische Noradrenalinfreisetzung. Das freigesetzte Noradrenalin aktiviert Adrenozeptoren (α1-, α2- und ß-Adrenozeptoren) wodurch die Renin-Freisetzung, die Vasokonstriktion und die Salz- und Wasser-Homöostase in der Niere reguliert wird. B: Das Fehlen von α2A-Adrenozeptoren führt aufgrund des fehlenden negativen Feedbackmechanismus zu einer verstärkten Freisetzung von Noardenalin. Dadurch kommt es zur verstärkten Aktivierung des Renin-Angiotensin Systems, zur Vasokonstriktion und zur Natriumrückresorption. 

Hering L, Rahman M, Hoch H, Markó L, Yang G, Reil A, Yakoub M, Gupta V, Potthoff SA, Vonend O, Ralph DL, Gurley SB, McDonough AA, Rump LC, Stegbauer J. J Am Soc Nephrol. 2020 Apr;31(4):783-798. doi: 10.1681/ASN.2019060599. Epub 2020 Feb 21. PMID: 32086277 Free PMC article.