Je stabiler der Blutdruck eines Hypertonikers im gewünschten Zielbereich eingestellt wird, desto geringer ist sein Demenzrisiko. Und das gilt unabhängig vom mittleren Blutdruck.
Sowohl die Hypertonie als auch eine erhöhte Variabilität des systolischen Blutdrucks (SBP) sind mit einem erhöhten Risiko für kognitive Beeinträchtigungen verbunden. Unklar war bisher, ob die SBP Time in Target Range (TTR), also der Anteil der Zeit, in der sich der systolische Blutdruck im Zielbereich befindet, einen Einfluss auf die Kognition hypertensiver Patienten hat. Dieser Frage ging jetzt ein Team um Sitong Li von der Capital Medical University, Peking, anhand einer Post-hoc-Analyse von SPRINT MIND* nach.
In der Studie wurde bei 8.298 Hochdruckkranken im mittleren Alter von 68 Jahren der Blutdruck entweder intensiv (RR systolisch <120 mmHg) oder standardmäßig (<140 mmHg) eingestellt. Bei der Basisuntersuchung und mehrmals während des im Median fünf Jahren dauernden Follow-ups erfolgte für jeden Teilnehmer ein umfangreiches kognitives Assessment. Die TTR wurde für die intensiv behandelte Gruppe im Bereich 110 – 30 mmHg berechnet, für die unter Standardeinstellung zwischen 120 und 140 mmHg. Nach den Ergebnissen teilten die Kollegen die Teilnehmer in TTR-Tertile ein. Im niedrigsten Tertil waren mehr Ältere, Frauen und Patienten mit einem erhöhten Arterioskleroserisiko als in den beiden anderen.
Insgesamt erkrankten in der Studienzeit 305 Patienten an einer wahrscheinlichen Demenz (primärer Endpunkt), 615 entwickelten milde kognitive Einschränkungen (mild cognitive impairment, MCI) und 831 eine MCI oder wahrscheinliche Demenz (sekundäre Endpunkte). Die kumulative Inzidenz einer wahrscheinlichen Demenz war im niedrigsten TTR-Tertil höher als in der Gruppe mit der höchsten TTR. Die Forscher berechneten, dass der Anstieg der SBP-TTR um eine Standardabweichung (31,5 %) das Risiko für eine wahrscheinliche Demenz um 22 % signifikant senkte. Nach Adjustierung auf demographische Daten, mittleren Blutdruck, Krankengeschichte und Werte im Montreal-Cognitive-Assessement-Test betrug die Risikoreduktion pro Standardabweichung immer noch 14 % (signifikant). Zwischen MCI und SBP-TTR fand sich kein signifikanter Zusammenhang.
Dieser Post-hoc-Analyse zufolge stellt die SBP-TTR neben dem mittleren systolischen Blutdruck einen unabhängigen Prädiktor für die Entwicklung einer Demenz dar. Die Autoren empfehlen, die Werte so anhaltend wie möglich im schützenden Zielbereich von 110 bis 140 mmHg zu halten.
*Systolic Blood Pressure Intervention Trial Memory and Cognition in Decreased Hypertension
Quelle
Li S et al. Hypertension 2023; 80: 00–00,
doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.122.20711
Kurz kommentiert
Diese Analyse von SPRINT-Mind bestätigt, wie wichtig neben der reinen Blutdruckkontrolle eine stabile Einstellung des Blutdruckwerte über die Zeit ist, um auch Nebenwirkungen wie die Entstehung einer Demenz zu modifizieren. Blutdruckschwankungen sind auf jeden Fall für kognitive Veränderung nicht hilfreich.
Nicht verwunderlich ist die Tatsache, dass die stabile Blutdruckeinstellung bei jüngeren Patienten einfacher gelingt als bei älteren. Auch scheint eine stabile Blutdruckeinstellung bei Frauen mehr Schwierigkeiten zu bereiten. Sicherlich etwas, was man im klinischen Alltag immer wieder auch mitberücksichtigen sollte. Blutdruckschwankungen müssen so gut wie möglich vermieden werden.
Ihr Prof. Prof. h.c. Dr. Markus van der Giet
Vorstandsvorsitzender Deutsche Hochdruckliga e.V.
Charité – Universitätsmedizin Berlin